Große Hostiendose

Giengen an der Brenz, um 1740

Meister: Johann Daniel Albrecht

 

Bekannt und doch so selten; Silber aus der alten Reichsstadt Giengen

Wussten Sie, dass in der kleinen alten Reichsstadt Giengen an der Brenz, unweit von Heidenheim, etwa 40 Kilometer nordöstlich von Ulm gelegen, seit dem 16 Jahrhundert Goldschmiedemeister ansässig sind aber sich nur von einem Meister und dessen Sohn sich Werke nachweisen lassen?

Dies war schon Marc Rosenberg bekannt, denn in seiner dritten Auflage aus dem Jahr 1923 unter Nr. 2169 und 2170 erwähnt Rosenberg einen Goldschmiedemeister der Barock- und Rokokozeit. Es ist der 1703 in Leutkirch/Allgäu geborene Goldschmied Johann Daniel Albrecht mit dem wir uns später näher befassen werden.

Giengen wurde 1078 erstmals erwähnt. Im 13. Jahrhundert war Giengen bereits als Stadt genannt und hatte spätestens seit 1334 eine eigene Schule. 1391 konnte Giengen die Reichsfreiheit erlangen. 1634 brannte die Reichstadt bis auf wenige Überreste nahezu vollständig ab. 1703 wurde die Stadt durch französische Truppen besetzt und fiel 1802 an das Herzogtum Württemberg

Die erste namentliche Erwähnung eines Goldschmieds ist der Meister Lienhard, er wird 1549 Meister. Die Reihe setzt sich bis in das 19. Jahrhundert fort. Das Auskommen für die Meister muss mäßig gewesen sein, denn insgesamt nur 15 Goldschmiedemeister lassen sich in einem Zeitraum von dreihundert Jahren nachweisen. Eine zuverlässige Aufstellung findet sich in einem Beitrag von Wolfgang Heger „Vom Handwerk der Gold- und Silberschmiede in der Reichsstadt Giengen“ in „Unsere Heimat“ von 1991.

Die Verarbeitung von kostbarem Silber brachte für den Meister und die gesamte Zunft besondere Verantwortung und Verpflichtung. Die wohl erstmals erfolgte Regelung dem Stadtzeichen auch das Meisterzeichen den fertigen Stücken hinzuzufügen, ist 1363 aus Straßburg bekannt. Augsburg verlangte seit 1529 diese Kennzeichnung. Ulm folgt etwas später.

Ob sich die Goldschmiede in Giengen an Augsburger oder Ulmer Zunftrecht orientierten, ließ sich bis heute nicht abschließend klären. Es ist jedoch anzunehmen.

In den meisten Fällen ist das Stadtzeichen/Beschauzeichen dem Stadtwappen entlehnt, so auch in Giengen. Das Wappen von Giengen zeigt in Blau ein aufgerichtetes goldenes Einhorn. Schon ein Siegel von 1293 zeigt das Einhorn als Wappenfigur.

 

Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ist nur ein Stadtzeichen für Silber aus Giengen, das springende Einhorn mit einem „G“, in Kombination mit der Meistermarke IDA für Johann Daniel Albrecht evtl. auch dessen Sohn bekannt.

Übrigens, die Zinngießer verwendeten als Stadtzeichen das Einhorn in Kombination mit einem Kreuz. Auf einer Schenkkanne aus Zinn aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, taucht das Stadtzeichen mit einem „G“ als Eichzeichen auf. (Erwin Hintze, Süddeutsche Zinngießer, Band V, Nr. 985.

Befassen wir uns mit Johann Daniel Albrecht, dem Hersteller dieser barocken Dose.  

Johann Daniel Albrecht wurde am 20.5.1703 in Leutkirch im Allgäu geboren und verstarb am 24.6.1781 in Giengen/Brenz. Er ist Sohn des Leutkircher Organisten und Lateinschullehrers Johann Jacob Albrecht. Irgendwann zwischen 1703 und 1710 muss die Familie nach Giengen gezogen sein. Denn weitere Kinder sind bereits in Giengen geboren. Es ist Anna Barbara, am 30.7.1710 und Johann Balthasar geboren am 21.3.1712.

Wo Johann Daniel gelernt hat ist nicht überliefert. Er heiratet 1736 in Giengen als Gold- und Silberschmiedemeister Elisabeth Margareth Miller (Müller). Johann Daniel Albrecht war Zunftvorsitzender der Schmiede und Ratsherr.

Johann Daniel Albrecht hat drei Söhne, die das Goldschmiedehandwerk erlernen. Das ist der 5.3.1737 geborene Simon Jacob und der am 17.11.1740 geborene Benedict. Beide Söhne lassen sich als Goldschmiedemeister in Regensburg nieder. Sohn Johann Daniel Albrecht wird am 29.6.1742 geboren und verstarb am 12.5.1802 in Giengen. Der Gold- und Silberarbeiter bleibt in Giengen, wird als Ratsherr und Reichsalmosenpfleger genannt.

Johann Daniel Albrecht stempelt mit einer herzförmigen Punze, die die Buchstabenfolge „IDA“ zeigen. Aufgrund der gleichen Initialen zu seinem Vater, könnten die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhaltenen Werke durchaus auch von seinem Sohn stammen.

Johann Daniel Albrecht muss für seine Zeit ein herausragender Goldschmied, ja Künstlerpersönlichkeit mit hohem Bekanntheitsgrad, weit über die Stadtgrenzen hinaus, gewesen sein. Er schuf liturgische Gerätschaften aber auch mehrere Zunftpokale. Seinen ersten mit 32 Jahren für die hiesige Krämerzunft. Es folgte ein weiterer Zunftpokal für die Küferzunft in Schorndorf, nahe der Gold- und Silberschmiedestadt Schwäbisch Gmünd, und ein weiterer Zunftpokal für die Küferzunft in Stuttgart, die diesen Auftrag sicherlich auch von qualifizierten Meistern aus der Residenzstadt ausführen lassen konnten. Alle Pokale haben sich erhalten.

An kirchlichen Werken sind u.a. nachweisbar ein Kelch aus dem Jahr 1750 für die evang. Kirchengemeinde in Hürben, eine Taufschale von 1751, sowie 1757 ein Kelch mit Patene und ein Kelchlöffel für die evang. Kirchengemeinde in Giengen. 

Umso erfreulicher hier ein weiteres Werk, diese große barocke Dose, vorstellen zu können.

 

Sie entstand gegen 1740 wie der für die Barockzeit typische Bandelwerksdekor zeigt. Die Dose steht auf einem gekehlten Hohlfuß. Der Korpus ist bauchig getrieben und ein loser aufgesetzter Deckel verschließt die Dose. Umlaufend, auf dem Deckel und Korpus, befindet sich ein üppiger Dekor von ziseliertem Bandelwerk, Muscheldekoren, Früchtebündeln und Akanthusblättern und auf dem Korpus jeweils auf der Stirnseite ein geflügelter Puttenkopf. Als Deckelknauf eine mit dem Deckel verschraubte barocke Vase mit Perlrand.

Innen ist die Dose gänzlich vergoldet, außen teilweise.

Das Meisterzeichen und Stadtbeschau befindet sich auf der Bodenunterseite und auf dem Deckelrand. Ein Tremolierstich steht für die entnommene Silberprobe.

Länge: ca. 17,3 cm. Breite: 13,3 cm. Höhe: ca. 15 cm. Gewicht: 402 gr.

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