Neues zur Passauer Goldschmiedekunst

empire_silber_deckelschale_passau_4Das Beschauzeichen „Löwe“ gehört neben den „Adlern“ und „Türmen“ mit zu den am häufigsten verwendeten Stadtzeichen, die sich meist vom Stadtwappen ableiten. Längst sind nicht alle Arbeiten, die dieses Beschauzeichen tragen, auch zu bestimmen. So kommt es häufig vor, dass die Stadtmarke zwar bekannt ist aber der Meister mangels einer gesicherten Marke nicht zu bestimmen ist. Dadurch kann es auch zu Verwechslungen mit anderen Städten kommen, die ein sehr ähnliches Beschauzeichen verwendet haben. Erschwerend kommt dazu, dass die Beschauzeichen in unterschiedlichen Varianten auftauchen, da alte Stempel durch starke Abnützung unbrauchbar wurden oder die Zunft eine neue Stempelung forderte.


Die Dreiflüssestadt Passau gehört mit zu jenen Orten in Deutschland, in denen das Goldschmiedehandwerk am längsten nachgewiesen werden kann. Vor rund 1000 Jahren begann man mit der Goldwäscherei im Ilzfluss zu Passau, der aus dem Bayerischen Wald herunterkommt und in die Donau mündet. Bereits 971 werden kaiserliche und bischöfliche Goldschmiede erwähnt, die Gold aus der Donau und der Ilz auswuschen und es zu Münzen und Geräten weiterverarbeiteten.

Eine große Zahl Goldschmiedemeister lassen sich seit dem 14. Jahrhundert nachweisen, wobei das 14. Jahrhundert für das Passauer Goldschmiedehandwerk das Jahrhundert der größten Blüte gewesen sein muss.
Das in den Räumen der Neuen Residenz errichte Domschatz-und Diözesanmuseum zeigt einen kleinen Rest des einstmals sehr umfangreichen Passauer Domschatz. So bestand der Schatz 1482 aus 14 Kreuzen, 38 Monstranzen, 22 Reliquientafeln aus Gold und Silber. Dazu 4 Bischofstäbe, etliche Becken aus Silber und Elfenbein, dazu eine Sammlung Reliquien und Reliquienbehälter. Das meiste hiervon wurde beim großen Stadtbrand 1662 vernichtet.

Passau, mit dem Beschauzeichen von einem nach links aufrecht stehenden Wolfes, der leicht mit einem Löwen verwechselt werden kann, ist eine der Städte, die in der Forschung bisher nur wenig Beachtung gefunden hat. Marc Rosenberg zeigt für Passau gerade einmal fünf Meistermarken, vom 16. bis ins 19. Jahrhundert, wovon kein Meister namentlich genannt wird. Wobei ihm bei einer marke noch ein Fehler unterlaufen ist, denn diese lässt sich einwandfrei einem Ingolstädter Meister zuweisen. Ziel dieses Artikels ist es ein wenig Licht in die große Tradition der Passauer Goldschmiede zu bringen und hier Meister vorzustellen von denen sich Arbeiten nachweisen lassen, die das Beschauzeichen der Stadt und die jeweilige Meistermarke tragen. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich die Liste aller bekannten Meister hier veröffentlichen.
Eine Zunftordnung hat sich bis heute nicht erhalten. So entnehmen sich alle Daten aus nachgewiesen kirchlichen Aufträgen und „zufällige“ Eintragungen. Festzustellen ist, dass sich nahezu alle kirchlichen Arbeiten ohne Tremolierstrich nachweisen lassen, während die profanen Stücke meist die Stichprobe aufweisen.

Tobias Schuhmann. Goldschmied und Bürgermeister. Er hat zwei Söhne, Ignaz und Johann Tobias, die beide beim Vater in die Lehre gingen. Gestorben ist er 1709. Seine Schaffenszeit liegt im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Von diesem Meister wissen wir, dass bei ihm 1684 zwei hohe Leuchter für den Dom bestellt worden sind. In der Spitalkirche St. Johann befindet sich ein um 1700 entstandener Barockkelch. Am 15. Mai 1995 kam bei Sotheby`s in Genf eine barocke Branntweinschale zum Aufruf, die sich einwandfrei als Arbeit des Tobias Schuhmann identifizieren ließ. Neben dem Beschauzeichen und der Meistermarke trägt sie einen Tremolierstrich.

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Martin Plossauer. Er lernt 1671-1677 und geht im Anschluss 10 Jahre auf Wanderschaft. 1687/88 macht er sein Meisterstück. Aus seiner Ehe mit Maria Weigl gehen drei Kinder hervor, wovon sein Sohn Josef von 1709 bis 1714 bei ihm in die Lehre geht. 1710 wird er mit einem Kelch genannt, der sich in der Jesuitenkirche in Passau befindet. Als profane Arbeit lässt sich von ihm eine Weinprobierschale nachweisen.

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Josephi Calestini Plasauer. Sohn des vorgenannten Goldschmieds und Mitglied der bekannten Passauer Goldschmiedefamilie mit unterschiedlicher Namensschreibung. Bloßauer, Pasauer oder Plosauer Ein profanes Goldschmiedewerk in Form eines barocken, um 1730 entstandenen Zuckerstreuers, ging durch meine Hände.

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Johann Amandus Laibacher. Er ist seit 1712 tätig. Gestorben ist er 1759. Im Buch von Veronika Baur „Kerzenleuchter aus Metall“ befindet sich auf Seite 104 ein Paar barocker Kerzenleuchter diesen Meisters. Eine sehr schöne Wöchnerinnenschüssel wurde im November 1999 bei Fischer in Heilbronn unter der Los Nr. 182 versteigert. Sie trägt neben dem Beschauzeichen und der Meistermarke einen Tremolierstrich und ist in die Zeit um 1720/30 zu datieren.

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Franz Leitner stammt aus Bozen. Er heiratet 1743 Barbara Heindl. 1779 verkauft er seine Gerechtigkeit als Goldschmied. Aus seiner Schaffenszeit lassen sich zahlreiche Werke für den kirchlichen Gebrauch nachweisen. So bekommt er 1751 den Auftrag sieben silberne Leuchter und ein Kruzifix für den Dom anzufertigen. Die Pfarrkirche St. Severin in Heining besitzt eine 1755 datierte Monstranz. Sie wurde 1975 in der Ausstellung Passavia sacra, Alte Kunst und Frömmigkeit in Passau, gezeigt. Das Franz Leitner auch profane Arbeiten schuf, zeigt eine seltene ovale Tabatiere, die sich im Schweizer Kunsthandel befand. Die um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene Dose schmückt ein Deckel aus Perlmutt, der die geschnittene Ansicht der hohen Burg von Passau zeigt.

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Johann Peter Schwendtner nahm eine angesehene Stellung ein. Er wird 1732 zum erstenmal als Meister genannt. Schwendtner war neben seiner Tätigkeit als Goldschmied zugleich Ratsherr und besaß eine Weinstube an der Innbrücke. 1753 erhält er den Auftrag einen goldenen Kelch für den Dom zu fertigen. Die Pfarrkirche St. Severin in Heining besitzt eine 1753 datierte Messkännchengarnitur mit reicher Rokokoverzierung. Bei Sotheby`s in Genf wurden am 18./19. 11.1996 unter der Lot Nummer 50 ein paar Rokoko Kerzenleuchter versteigert, die aus der Hand Schwendners stammten.

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Storr Franciscus Felix Dominici (Dominico Storr). Er stammt aus Schwäbisch Gmünd und heiratet in Passau 1771 die Goldschmiedswitwe Katharina Hatteyer. Rosenberg führt ein 1782 datierten Kelch des Meisters auf, der sich in der Pauluskirche in Passau befindet. (Mit einer Vartiation des Meisterzeichens)

Johann Grad. Ein um 1790 bis wohl nach 1800 tätiger Goldschmied. Von ihm ist nur sehr wenig bekannt. Er heiratet 1789 und kauft die Schwendtner`sche Gerechtigkeit.
Das einzige nachweisbare Stück ist die sehr fein gearbeitete kleine Deckelschüssel/Gemüseterrine, die um 1800 entstanden ist.

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Lit.: Kunstdenkmäler von Niederbayern, Stadt Passau und Land. Ausstellungskatalog Passavia sacra, Alte Kunst und Frömmigkeit in Passau, Passau 1975. Ausstellungskatalog Kostbarkeiten aus kirchlichen Schatzkammern Goldschmiedekunst im Bistum Regensburg, Regensburg 1979. Sogenannte „Schmidt Zettelkartei“ angelegt von Prof. Dr. Schmid im Stadtarchiv Passau, Dr. Schmidt, „Alt Passauer Zünfte“ in Niederbayrische Monatszeitschriften, 1919.