Ein silberner Münzbecher mit schwedischen Nottalern; eine norddeutsche/skandinavische Spezialität
Entstehungszeit ca. 1720/30
Herkunft: Schwedischer Herrschaftsraum in Pommern/Stralsund bis Stettin
Ohne Marken.
Dieser Becher vertritt die typisch nordische bis in Baltikum reichende Form eines Trinkbechers. Die Wandung verläuft stark konisch nach oben und mündet in einen weit ausgestelltem Lippenrand. Der Becher steht auf einem gezackten breiten Standring.
Innen ist der Becher vergoldet, außen teilvergoldet. In die Wandung sind 10 Nottaler der Görtzschen Kupfer Notmünzen eingelassen. Das entspricht allen zwischen 1715 und 1719 geprägten Varianten. Im Boden eingelassen ist eine schwedische Münze auf König Karl den XII von Schweden, Wert ein Caroliner, von 1718.
Ein gravierter Schriftzug, der sich schlangenartig um die Münzen windet, lautet: Du Mars du Mercurius du Jupiter und Saturnus mache dich flinck und fertig mit Wehr und Waffen verantworte dich gegen Pehbus. Wie du hast gehandelt gegen Publica fide das du dich unterstanden zu verkauffen die Crone vor ein dahler Silbermüntz zu letz da hoffnung ein ende nam verwandelt es sich in ein Rinstük
Höhe: ca. 8,3 cm.
Gewicht: 123 gr.
verkauft
Sehr schöner Erhaltungszustand. Tadellos erhaltene alte Feuervergoldung.
Provenienz: Christies Genf, Important silver, 17. November 1992 Lot Nr. 332
Deutsche Privatsammlung
Herkunft:
Vermutlich schwedischer Herrschaftsraum in Pommern, reichend von Stralsund bis nach Stettin
Aufgrund der Pro-Schweden Inschrift, die sich auf die einzelnen Münzen bezieht wäre Stralsund als Herstellungsort für diesen Becher anzunehmen. Während des Nordischen Krieges hielt sich der schwedische König Karl XII. vom November 1714 bis Dezember 1715 in Stralsund auf. Zum Dank wurden Ratsherren geadelt und die Stadt erhielt ein neues Wappen sowie eine Reihe neuer Privilegien. Als er kapitulierte und die Stadt den Dänen übergab, hinterließ er ein arggeschundenes Gemeinwesen. Nach dem Frieden von Frederiksborg von 1720 wurde Stralsund wieder schwedisch und war nun Residenz des schwedischen Generalgouverneurs und Sitz der Regierung für Schwedisch-Pommern.
Vergleiche:
Diese Münzbecher, in deren Wandung sogenannter Görtzscher Nottaler eingelassen sind, lassen sich, wenn auch nur in sehr kleiner Zahl, ausschließlich im norddeutschen/Skandinavischen Raum nachweisen.
Bei allen mir bekannten Becherformen wurden stets zeitgenössische Becher verwendet und niemals alte Stücke, die durch Notmünzen aufgehübscht wurden.
Zwei mir bekannte Becher, in Form der Faustbecher/Tummler, sind mit einer Stadt- und Meistermarke gestempelt und lassen sich somit einwandfrei zuweisen. Der eine stammt aus Sala in Schweden der andere aus Hamburg. Mein Becher ist übrigens der einzige, außer dem weiter unten von einem Münzfreund beschriebenem Exemplar, mit deutscher Inschrift.
In Form ein vergleichbarer Becher, jedoch mit einfachem profiliertem Fußrand befindet sich in den Königlichen Sammlungen des Vereinigten Königreiches von Grpßbritanien. Der Becher entstand 1736 in Stockholm. Lit.: European Silver in th Collection of Her Majesty The Queen, Seite 342 Nr. 211.
Ein Tummler mit schwedischen Nottalern, ca. 1730 in Sala/Schweden entstanden. Meister Erik Granrot. Abgebildet in: Sevensk Silversmide 1520-1850 Del. II, Nr.312
Ein Tummler mit schwedischen Nottalern, ohne Inschrift, Hamburg ca. 1730. Meister Zacharias Rülow. Abgebildet in: Erich Schliemann, Die Goldschmiede Hamburgs Band III, Seite 149 Nr. 344.
Becher mit Notmünzen, ohne Marken:
Ein weiterer Tummler mit schwedischen Nottalern und Schriftzug in schwedischer Sprache, wurde bei Lempertz in Köln angeboten. Auktion am 14.11.2016 2016 Lot Nr. 444.
Ein Tummler mit schwedischen Nottalern, ca. 1730 entstanden, um 1800 zu einem Pokal umgearbeitet. Bukowskis Stockholm, 617 Auktion Juni 2019, Nr. Lot 171
Ein Becher mit schwedischen Notmünzen, schon 1734 dokumentiert
Wie viele es von diesen Bechern gegeben haben muss ist unklar. Sie waren sammelwürdig und fanden u.a. Einlass in Münzsammlungen, womöglich auch als Kuriosität in die Kunstkammersammlungen der Fürsten. Denkbar wäre, dass alle diese Becher auf einen einzigen zurückgehen, wie von einem unbekannten Münzsammler in der Historischen Münz Belustigung von 1734 berichtet wird. So schreibt der Autor:
„Ein werther Münz Freund hat mir gemeldet, daß er die Götzschen Schwedischen Kupfermünzen, auf folgende Weise artig angewendet hatte.
Wenn ein vertrauter Freund bey mir ist, welchem ich meine Armuth, zeigen darf, und derselbe ist in der Besichtigung, meiner Schwedischen Münzen, bis auf die Görtzischen gekommen; so muß eine Schwedische Gesundheit, getrunken werden. Nemlich ich habe mir einen silbernen Becher, mit des Barons Görtzens, 10 kupffern Noth-Münzen, versehen lassen, oben 5 Stück, unten 5 Stück, unten im Boden, ist auch eine Schwedische Kupffer Münze, von A. 1724. Auf dem Becher, um die Noth-Münzen, ist die Schrift eingegraben:
„Hör du Mercurius, der du vermeynet hast, so groß zu seyn als Jupiter, mache dich mit Wig und Waffen flinck und fertig, Verantwortung zu thun, gegen Phoebus, wie du gehandelt hast mit Publica Fide, und dich mir Hülfe Martis und Saturni unterstanden zu verkauffen die Krone um 1. Pf. Kupffer. Deine Hofnung lasse dich zu Schanden werden.“ Auf dem Boden stehet: Dann was zum Heller geschlagen ist, soll kein Thaler werden.
Quelle: Johann David Köhlers im Jahr 1738 wöchentlich herausgegebener Historischer Münz Belustigung 10 Teil. Gedruckt bei Lorenz Riesing?/Rieling? Nürnberg 1738. Darin allerhand merkwürdiger und rare Thaler, Dukaten, Schaustücken und andere sonderbare Gold- und Silber-Münzen
Görtzsche Nottaler
Aus Kupfer wurden während des großen nordischen Krieges auf Vorschlag des Finanzsachverständigen Karl des Zwölften, des holsteinischen Barons Görtz, eine Kreditmünze für 1 Daler Silbermünze in Schweden geprägt, und zwar 1715 – 19 zehn Arten; die älteste von 1715 trägt die Krone auf der Vorderseite, die übrigen die Inschriften: Publica Fide, Wett och Wapen, Flink ogh Färdig, Jupiter, Saturnus, Phoebus, Mars, Mercurius, Hoppet mit Figuren verschiedener Götter. Die Rückseite gab den Wert an (1 Daler). Die beiden letzten wurden gleich nach dem Tode des Königs geprägt, zu welcher Zeit sich etwas 20 Millionen in Umlauf befunden. Sofort nach dem Frieden zu Nystadt 1721 wurde der Nennwert ohne jegliche Entschädigung auf die Hälfte verringert. Binnen kurzem waren sie gänzlich verrufen, jedoch erhielten die Inhaber eine kleine Entschädigung.
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